Welche Vaskulitiden gibt es?
Die Vaskulitiden werden international nach der im Jahr 1994 publizierten Chapel Hill Konsensus-Nomenklatur definiert und eingeteilt. Basierend auf den Ergebnissen einer erneuten Konsensuskonferenz im Jahr 2011 wurde die Chapel-Hill Nomenklatur der Vaskulitiden jetzt grundlegend überarbeitet. Änderungen wurden sowohl für die Krankheitsnamen, deren Einteilung als auch deren Definition vorgenommen.
Dem allgemeinen Trend folgend bei Krankheitsbezeichnungen Eponyme zu verlassen wurden auch in der neuen Chapel Hill-Nomenklatur vertraute Krankheitsbezeichnungen durch neue Namen ersetzt (Tabelle 1). In Analogie zu dieser am pathologischen Befund orientierten Namensgebung wird beispielsweise das Churg-Strauss Syndrom jetzt als „Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA)“ benannt. Für andere Entitäten wie die Takayasu Arteriitis und die Kawasaki-Erkrankung wurden die bekannten Eponyme noch beibehalten.
Überarbeitete Einteilung der Vaskulitiden nach der Chapel Hill Nomenklatur von 2013 [1]
1. Vaskulitiden grosser Gefässe
1.1 Takayasu Arteriitis
1.2 Riesenzellarteriitis
2. Vaskulitiden mittelgrosser Gefässe
2.1 Polyarteriitis nodosa
2.2 Kawasaki-Erkrankung
3. Vaskulitiden kleiner Gefässe
3.1 ANCA-assoziierte Vaskulitiden
3.1.1 Mikroskopische Polyangiitis [MPA]
3.1.2 Granulomatose mit Polyangiitis [GPA] (Wegenersche Granulomatose)
3.1.3 Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis [EGPA] (Churg-Strauss Syndrom)
3.2 Immunkomplexvaskulitiden
3.2.1 anti-Glomeruläre BasalMembran-Erkrankung
3.2.2 Kryoglobuliämische Vaskulitis
3.2.3 IgA-Vaskulitis (Henoch-Schönlein)
3.2.4 Hypokomplementämische Urtikariavaskulitis (anti-C1q Vaskulitis)
4. Vaskulitiden variabler Gefässgröße
4.1 Behcet-Erkrankung
4.2 Cogan Syndrom
5. Einzel-Organvaskulitiden
5.1 Kutane leukozytoklastische Angiitis
5.2 Kutane Arteriitis
5.3 Primäre ZNS-Vaskulitis
5.4 Isolierte Aortitis
5.5 andere
6. Vaskulitis bei Systemerkrankung
6.1 Lupus Vaskulitis
6.2 Rheumatoide Vaskulitis
6.3 Sarkoidose Vaskulitis
6.4 andere
7. Vaskulitis mit wahrscheinlicher Ätiologie
7.1 Hepatitis-C Virus-assoziierte Kryoglobulinämische Vaskulitis
7.2 Hepatitis-B Virus-assoziierte Vaskulitis
7.3 Syphilis-assoziierte Aortitis
7.4 Medikamenten-assoziierte Immunkomplexvaskulitis
7.5 Medikamenten-assoziierte ANCA-assoziierte Vaskulitis
Die Einteilung der Vaskulitiden untereinander umfasst nun 7 unterschiedliche Kategorien (Tabelle 1). Neu sind u.a. die Abgrenzung von Vaskulitiden einzelner Organe (z.B. die primäre cerebrale Vaskulitis oder die isolierten Vaskulitiden) in einer gemeinsamen Gruppe, als auch die Unterscheidung separater Kategorien für die sekundären Vaskulitiden im Rahmen von Systemerkrankungen (z.B. Rheumatoide Vaskulitis) und anderer bekannter Ätiologie (z.B. durch Infektionen oder Medikamente induziert). Eine wesentliche Änderung betrifft die Kleigefässvaskulitiden. Hier werden jetzt auch in der Chapel Hill Klassifikation die Mikroskopische Polyangiitis, GPA und EGPA unter dem Überbegriff „ANCA-assoziierte Vaskulitiden (AAV)“ zusammengefasst und von den Immunkomplexvaskulitiden abgegrenzt. Bei den Immunkomplexvaskulitiden kleiner Gefässe werden nun auch die anti-GBM-Krankheit (früher Goodpasture Syndrom) und die früher als Henoch-Schönlein-Purpura bezeichnete IgA-Vaskulitis geführt.
Die Krankheitsdefinitionen der Chapel Hill-Nomenklatur leiten sich vor allem von der zugrundeliegende Pathologie (Gefässgrösse, Zusammensetzung des entzündlichen Infiltrats etc.) und der Pathogenese (z.B. Antikörper-assoziiert, immunkomplex-vermittelt, infekt-bedingt etc.) ab und beziehen nur zum Teil charakteristische klinische Merkmale ein.